Das System bedarf der Korrektur, nicht die Menschen

Die aktuelle Situation in unserer Kirche und im Erzbistum Köln weist auf strukturelle Fragestellungen hin, die in unserer Kirche seit langem diskutiert werden, aber nach wie vor einer Lösung bedürfen.

- Viele Mitarbeitende kündigen aufgrund der Situation ihren Arbeitsplatz bzw. ziehen dies in Erwägung, und es wird zunehmend schwieriger, neue Mitarbeitende zu gewinnen. Dies führt zu Arbeitsverdichtungen und psychischen Belastungen der Beschäftigten. Diese Problematiken gehen bis in den privaten Bereich hinein: Immer mehr Kolleginnen und Kollegen werden von Familienangehörigen, Freunden und Bekannten kritisch bzgl. ihres kirchlichen Dienstes angefragt.

- Die Initiative "Out in Church" ruft in Erinnerung, dass die Grundordnung für den kirchlichen Dienst in unzureichender Weise eine Sexualmoral und ein Eheverständnis widerspiegelt, die in den letzten Jahrzehnten in Bewegung geraten sind und die immer noch der Weiterentwicklung bedürfen. Auch in unseren Einrichtungen müssen Mitarbeitende ihre Partnerschaft und Lebensform verheimlichen, um dienstrechtlichen Konsequenzen zu entgehen, was weiterem Machtmissbrauch Tür und Tor öffnet.

- Arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen im kirchlichen Bereich sind im Rahmen des sog. "Dritten Weges" dadurch gekennzeichnet, dass Mitwirkungsmöglichkeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (auch im Vergleich zum "weltlichen Bereich") beschränkt sind. Die geltende MAVO hält in vielen Bereichen den Mitarbeitervertretungen die Hände gebunden, kritische Anfragen werden mit dem Verweis auf die Sonderstellung der Kirche, die (auch nur noch in Deutschland) für ihren Bereich das Arbeitsrecht weitgehend selbstständig gestalten kann, abgewehrt.

Nur an diesen Beispielen wird deutlich: Das System bedarf der Korrektur, nicht die Menschen, die in ihm versuchen, eine gerechte und menschenwürdige Erwerbs- und Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Daher rufen wir alle Verantwortlichen in unserem Erzbistum dazu auf, sich der Reform des kirchlichen Arbeitsrechts wie der Kirche insgesamt zu widmen, Verantwortung zu teilen zugunsten einer geschwisterlichen und menschenfreundlichen Kirche als Gemeinschaft und als Arbeitgeberin.