Kirche ist keine Folkloregruppe

Das Kernproblem in meinen Augen ist, dass in einigen (leider oft auch leitenden) Teilen der Kirche Grundlagen des Glaubens mit Folklore verwechselt wird. Es geht nicht darum Traditionen weiterzuführen, sondern die Kernbotschaften von Gott zu vermitteln. Gott erwartet von uns Offenheit den Menschen gegenüber und vor allem Wahrhaftigkeit in unserem Tun. Das schönste barocke Gewand wird zu Verkleidung, wenn der Träger nicht mehr ernstgenommen wird.
Eigentlich ist es ein Vorteil, dass die Kirche NICHT mit dem Zeitgeist geht sondern sich auf ihre Grundsätze besinnt. Aber diese Grundsätze sind durch das Wirken Jesu bestimmt und er hätte sicher nicht gewollt, dass die Institution mit ihren Traditionen wichtiger ist als die Botschaft. Daher dürfen wir uns zwar nicht dem Zeitgeist anpassen, aber wir müssen die Grundsätze in die heutige Zeit übertragen und für die Menschen begreifbar machen. Das setzt aber insbesondere voraus, dass wir Vorbild sind.
Und gerade hier gibt gewaltige Mängel. Das Thema Missbrauch möchte ich gar nicht weiter ausbreiten, das der Umgang damit keineswegs unseren Grundsatz entspricht die Schwächsten zu schützen, sollte mittlerweile jeder begriffen haben. Genauso mangelhaft ist aber der generelle Umgang mit Kritik. Das frustriert nicht nur die Bevölkerung, die sich so verständlicherweise immer weiter von der Kirche entfernt, sondern auch die vielen engagierten Geistlichen und Laien, die weiterhin ihren Glauben vertreten und dabei versuchen Wahrhaftig zu bleiben.
Die Kirche ist keine Basisdemokratie und muss es auch nicht werden, weil die Grundsätze von Jesus nicht demokratisch legitimiert werden müssen. Aber wie eingangs erwähnt sind Traditionen keine christlichen Grundsätze, also sollten wir auch nicht so tun, als wäre mit ein bisschen Farbe (z.B. Abschaffung des Zölibats, Weiheämter für Frauen etc.) das Problem gelöst. Nein, wir müssen uns alle wieder auf unsere Glaubensgrundlagen besinnen und sie in die heutige Zeit übersetzen. Ich bin davon überzeugt, dass sich damit viele der aktuellen Spannungsfelder auflösen, da man feststellen wird, dass sie folkloristisch geprägt sind und nur noch bedingt mit den Glaubensgrundsätzen zu tun haben. Ich weiß aber auch, dass das eine schwere Aufgabe ist, da man damit einige Traditionalisten verprellen wird ohne sofort eine Wirkung bei den Zweifelnden (und Ausgetretenen) zu erzielen. Insofern ist das ein langwieriger Prozess aber trotzdem der einzig richtige Weg.

Kommentare

Warum nicht mit dem Zeitgeist gehen? Zeitgeist muss ja nicht negativ sein. Ich sehe viel Gutes im Zeitgeist, zum Beispiel, dass viele Katholiken nicht mehr so tun als seien sie bescheidene Lämmer ohne eine eigene Meinung und ohne Wünsche nach Erneuerung.