Macht und Hierarchie - unjesuanisch

Bitte zurück zu den Wurzeln und die vier Evangelien in Gänze ernst nehmen!
"...unter Euch soll es anders sein: Wer der erste sein will, sei der Diener aller..."
Das bedeutet, dass einzig demokratische Strukturen unserer Kirche dem gerecht werden können.
Die absolutistische Hierarchie in unserer Kirche ist eine geschichtliche Fehlentwicklung, die dringend im Sinne des Evangeliums abgeschafft werden muss.

Kommentare

Hallo Fiete-Kray,

absolutistische Hierarchie ist Mist, keine Frage. Aber die Alternative muss nicht Demokratie sein. Das ist meiner Meinung nach ein logischer Fehlschluss. Es gibt nicht nur zwei Alternativen. (Sorry, klingt belehrend, ich weiß aber nicht, wie ich es netter sagen soll... :-))

Jesus' Alternative ist dienende Hierarchie. Aber, ja, Hierarchie. So fremd uns Modernen das geworden ist. (In Wahrheit kennen wir Hierarchie natürlich sehr gut. Fast alle Betriebe sind so organisiert...)

Ich finde die Interpretation sehr einleuchtend, dass Jesus mit den Aposteln einen neuen "Hohen Rat" (für den Neuen Bund) beruft - in den meisten Punkten hat er ja *nicht* mit den jüdischen Konzepten gebrochen. (Nur die Speisegesetze etc. hat er abgeschafft.)

Wegen Jesus ist unsere Kirche also apostolisch, und damit hierarchisch. ;-)

Dass der Papst nicht immer ein richtiger Diener der Diener Christi war, dass die heutigen Bischöfe nicht immer Diener ihrer Priester, dass die Priester nicht immer Diener ihrer Gläubigen sind, zeigt, dass das Konzept "dienende Hierarchie" oft als heiße Luft endet.

Aber ist es deswegen falsch?

Liebe Grüße
Pillendreher

Lieber Pillendreher,
ich hätte da ein paar Rückfragen an Sie:
Warum folgt aus der Tatsache, dass die Kirche apostolisch ist, dass sie auch hierarchisch ist? Der Zusammenhang erschließt sich mir nicht.
Was spricht aus Ihrer Sicht eigentlich positiv für eine "dienende Hierarchie"? Da finde ich in Ihrem Kommentar keine Begründung.
Ist es eventuell kein Zufall, dass eine "dienende Hierarchie" immer wieder in "heißer Luft" endet? Ist Dienen und Hierarchie nicht ein struktureller Widerspruch, der im Normalfall zum Scheitern einer "dienenden Hierarchie" führt?
In freudiger Erwartung Ihrer Begründungen bzw. Antworten
Ihr GS44

Hallo GS44!

Vielen Dank für die Rückfragen und auch den angehmen Tonfall. Das ist gute Diskussionskultur!!! :-)

Ich bin ja nur normaler Gläubiger, also kein Experte. Aber was mir soweit einleuchtet ist: Es gab im Judentum zur Zeit Jesu die Hierarchie von Hohem Rat und Hohepriester.

Weiterhin ist Jesus nach eigener Aussage ja nicht gekommen, um das Gesetz aufzuheben, sondern um es zu erfüllen. Also hat er nur punktuelle Weiterentwicklungen eingeführt ("Ich aber sage Euch...").

Die krasseste Weiterentwicklung gegenüber Mose ist sicher die Abschaffung der Ehescheidung.

(Bekanntermaßen hat Jesus auch die Speisegesetze aufgehoben. Aber das juckt uns heute nicht mehr so... :-))

Lange Rede, kurzer Sinn: Hierarchische Leitung ist ein Punkt, wo Jesus konzeptionell Kontinuität gelehrt hat: Das Apostelkollegium ist der Nachfolger des Hohen Rates. Seine Kompetenzen sind insbesondere Schriftauslegung ("Binden und Lösen"). Der gemeine Jünger hat da erst mal nix zu kamellen. ;-)

Das ist also total undemokratisch, aber, wie in meinem Ursprungsbeitrag angemerkt: Auch bei uns sind fast alle Betriebe so organisiert (total weltliches Argument, ich weiß :-)).

Ich hoffe, jetzt ist ein bisschen klarer, warum ich denke, dass apostolisch hierarchisch impliziert.

Liebe Grüße
Pillendreher

... und weiter:

Ach ja, die Apostel hat Jesus einfach ernannt (nachdem er auf dem Berg lange gebetet hatte). Da war auch nix mit Demokratie. Und dann wurde der Nachfolger für Judas per Kooptation (mit Hilfe des Hl. Geistes) bestimmt. Na, das war wenigstens ein bisschen demokratisch...

Jetzt zur zweiten Frage: Was spricht positiv für "dienende Hierarchie"? Das fromme Argument ist ja ganz offensichtlich: Jesus hat's so gewollt. Das Zitat "Wer der erste sein will, sei der Diener aller..." hat ja Fiete-Kray schon im ersten Beitrag gebracht.

Nur noch mal, damit man's nicht übersieht: Jesus spricht schon davon, dass es den Ersten gibt. Er sagt nicht: "Wir sind alle ganz demokratisch gleich, deshalb hat sich das Problem erledigt". Er sagt, wer Hierarch sein will, muss dienen. Das geht als Mahnung an die Adresse von Papst, Bischof und Priester. Aber die Hierarchie wird von Jesus nach meiner Interpretation eher bestätigt als abgeschafft.

Das war das fromme Argument: Jesu Wille.

Es gibt aber noch ein "weltliches": In vielen Betrieben wird in letzter Zeit ein neuer Management-Ansatz versucht. Der nennt sich "servant leadership". Es hat sich wohl in der Praxis gezeigt, dass die Angestellten den Chefs besser folgen, wenn sie den Eindruck haben, dass diese sich als Diener der Mitarbeiter verstehen.

Aber den Chefposten, also die Hierarchie, abzuschaffen, wird überhaupt nicht diskutiert. Dass man einen Chef braucht, scheint niemand anzuzweifeln...

Liebe Grüße, Pillendreh

Im übrigen: es folgt daraus nicht, dass man Hierarchien nicht kritisieren darf / kontrollieren sollte. Die meisten Betriebe haben ja auch einen Betriebsrat.

In a nutshell: Jesus hat unsere Kirche auf das Fundament der Apostel gebaut. Diese und ihre Nachfolger, die Bischöfe, bilden eine Hierarchie, die gefälligst dienen soll. Diese Hierarchie hat Macht, und muss sie zum Guten gebrauchen.

Liebe Grüße
Pillendreher