Wider eine pharisäische Kirche

Ein Beispiel unter vielen: In Mk 7 setzt sich Jesus mit den Pharisäern auseinander, kritisiert, dass sie Gott bloß mit den Lippen ehren, dass ihr Herz aber weit weg von ihm sei. „Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen. Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.“ Führen sich kirchliche Amtsträger heute nicht genauso auf, wie damals die Pharisäer, wenn sie Gesetze und Pflichten in den Vordergrund stellen und Gefallen daran finden, deren Einhaltung zu kontrollieren. Müsste es ihnen und uns allen nicht zu allererst um die Verkündigung der frohen Botschaft gehen? Befolgen wir mit Pflichtzölibat, Ausschluss Geschiedener von den Sakramenten, Verbot der Segnung homosexueller Partnerschaften, Ausstieg aus der Schwangerenkonfliktberatung nicht allzu menschliche Gebote, anstatt Nächstenliebe walten zu lassen? Die Kirche kann nur dann den göttlichen Sendungsauftrag erfüllen, wenn sie aufhört, pharisäisch zu denken und zu handeln.

Kommentare

Darüber, wo die Pharisäer stehen, kann man unterschiedlicher Meinung sein. Berufspolitiker, die die Kirche nach ihren berufspolitischen Vorstellungen auf Linie bringen wollen (möglichst gesellschaftskonform, möglichst staatstragend) haben es sicherlich ebenso auf Äußerlichkeiten abgesehen.

Und die Präsidentin des ZDK, Frau Stetter-Karp, geriert sich zwar als große Reformerin von außen, kommt aber aus dem System. Sie hat seit den 1980er Jahren Führungspositionen im Bistum Rottenburg-Stuttgart innegehabt. Ihr Bruder ist Bischof und wirkte in Bolivien (Die Schwester eines Bischofs macht in der Kirche Karriere. Klerikalismus lässt grüßen ...)

In Zeiten, in denen Kirchenoberen in Gutachten massive Pflichtverletzungen vorgeworfen werden, scheint dieser Vergleich mit den Pharisäern zu hinken. Pharisäertum läge nach meiner Ansicht auch nur dann vor, wenn jemand etwas von anderen fordern würde, was er selbst nicht einhält.

Jesus war kein Anarchist, weshalb man nicht jedem vorwerfen kann, der auf die Einhaltung von Gesetzen und Regeln besteht, dass er ein Pharisäer sei.