Den Priesterstand "normalisieren"

Ein großes Problem der deutschen katholischen Kirche ist der zunehmende Mangel an fähigen, geistlich denkenden, intellektuell überzeugenden Priestern. Die Verwaltung des Mangels - immer größere Gemeindeeinheiten werden von immer weniger Priestern geleitet - schreit zum Himmel. Gehen wir auf diesem Weg weiter, wird die Kirche hohl und innerlich entleert; sie wird implodieren. Zur Abhilfe des Mangels braucht es eine Neudefinition des priesterlichen Dienstes. Die Grenze zwischen Laien und Klerus - nach neutestamentlichem Befund ist gibt es diese Unterscheidung gar nicht - muss durchlässiger werden. Das bedeutet, den seit dem Konzil erhobenen Forderungen, den Zölibat abzuschaffen und Frauen zum priesterlichen Dienst zuzulassen, nachzukommen. Das zuletzt von Johannes Paul II ausgesprochene Verbot der Weihe von Frauen zum Priesteramt ist nicht bindend: Jede Zeit darf ihre eigene Antwort finden. Ein Festhalten an falschen Traditionen ist ungeistlich und nicht schriftgemäß. Wir brauchen zahlreiche geistlich denkende und geistlich geschulte Männer und Frauen, die in der Lage sind, Gemeinden zu leiten, das Wort zu verkünden, Seelsorge zu betreiben, die am Rande Stehenden zu finden, seelenvolle Gottesdienste zu halten. Warum nicht zahlreiche Menschen, die es können, zu Priesterinnen und Priestern weihen? Noch haben wir ein großes Reservoir an Menschen, die Theologie studiert haben, Religionslehrer/in oder -pädagogin sind und quasi über Nacht priesterliche Aufgaben übernehmen könnten. Dann ließe sich auch endlich auf Gemeindeebene wieder eine Kinder- und Jugendarbeit, die ihren Namen verdient, aufbauen: Jugendliche könnten die Kirche wieder als Heimatraum empfinden.
Unsere Bischöfe verstehen sich als Hirten, die ihre Schafe weiden. Bereits Ezechiel fragt: Sollen die Hirten nicht die Herde weiden (Ez. 34.2)? Es ist die Aufgabe der Bischöfe, zum Hirtenamt befähigte Männer und Frauen zu finden und einzusetzen, um sich der Schafe anzunehmen. Dabei gilt keine Ausrede und keine Klage über zu wenige Berufungen; statt dessen müssen historisch gewachsene ideologische Einschränkungen fallen gelassen werden. Christus selbst gibt die Zusage, genügend fähige Menschen zu rufen und zu finden. Für ihn war die Haltung des Herzens ausschlaggebend, nicht äußere Kriterien. Es waren die Apostel, die Jesus gebeten haben, ihren Glauben zu mehren (Lk 17,5). Die Bischöfe, die sich in der Tradition der Apostel sehen, benötigen lediglich den Glauben der Größe eines Senfkorns...