Wer hört wem zu?

Ich sehe eine große Schwierigkeit, selbst wenn die Möglichkeit bestünde, mit klerikalen Vertretern die unterschiedlichsten Punkte zu besprechen, zu diskutieren, Unterschiede aufzuzeigen, Bedarf zu melden, Ideen vorzubringen und so weiter, darin, dass die Ansprache bzw das Zuhören jeweils mit einer leider nicht neutralen Person erfolgt. Denn klerikale Vertreter, egal ob Bischof, Priester, Diakon, können ja nicht aus ihrer Haut und können weder als private Person noch ihrem Dienstherren und ihren Geboten als Priester gleichzeitig gerecht werden, sofern hier ein offenes neutrales Gespräch (Dialog) stattfinden soll. Wenn sie wie ein Therapeut neutral, aktiv zuhören, um dem gegenüber Raum zu schenken, dürfen sie das inhaltlich nicht kommentieren, sondern nur Fragen stellen. Meine Sorge ist, dass dann die Gespräche eben nicht authentisch geführt werden können, da für Authentizität ein gewisser Abstand und eine Unbefangenheit/Neutralität zur Sache geboten ist, um es gut zu machen. Nur wenige schaffen es, auch in ihrer Rolle als Kleriker relativ authentisch und neutral wertfrei demgegenüber das Gehör zu schenken. Denn aller Zweifel, alle Fragen, auch alle Rückfragen durch den aktiven Zuhörer, laufen dem zuwider, was beispielsweise in der Kirchenliteratur und den Statuten festgeschrieben ist. Und das ist, wie bekannt, ja unzweifelhaft durch Päpste zementiert. Wozu also ein Dialog, wenn die Dinge doch nicht geändert werden können, ja nicht dürfen, da unfehlbar? Wozu ein Monolog mit Zuhörer, wenn hier raus keine Ergebnisse folgen? Dritte Option: ein Beichtgespräch, aber das ist ja vertraulich und darf auch nicht verwendet werden.
Denn wozu einen zuhören, woraus kein Handeln entsteht?Nach dem Zuhören folgt doch bestenfalls das Handeln.
Ich sehe zudem das Dilemma, dass das Gesagte natürlich die eigene Rolle und auch Zukunft derjenigen klerikalen Personen zugleich betrifft, die zugehört hat/haben. Den Ast, auf dem man sitzt, sägt man doch nicht ab?!
Vielleicht sollten wir beim Zuhören daher auch mal auf die andere Seite schauen, den Personen zu hören, die es dann schlussendlich auch betrifft, die vielleicht ihre Dienstform ändern müssen, die neue Kolleginnen bekämen, die sich an neue Ordnung und liturgische Texte gewöhnen müssten? Ihr Berufs fürs Leben - wäre er noch der gleiche? Wie geht es eigentlich den Priestern damit selbst, wenn sich ihre Kirche ändern würde? Welche Zweifel, Ängste haben sie? Wer hört ihnen (aktiv) zu? Ihr Arbeitgeber?