Wie reden?

Wenn wir nur auf die Inhalte der Glaubenslehre schauen, dann blenden wir den Boden aus, aus dem diese Lehren wachsen. Gerade weil religiöse Sprache sich durch religiöse Praxis deutet, ist sie immer mehr als das, was man in eine andere Sprache übersetzen kann. Ich will das am Reden über GOTT in wenigen Worten andeuten.

Wenn ich über GOTT rede, dann leben in meinen Worten die Erfahrungen, bei denen ich glaube, dass Gott mir geholfen hat, aber auch die Erfahrungen, bei denen ich mich von ihm allein gelassen fühlte. Wenn ein anderer Mensch über GOTT redet, dürfte es ähnlich sein, nur seine Erfahrungen sind andere.

Wenn ein Theologe über GOTT redet, dann höre ich darin die Sprache einer forschenden und lehrenden Gemeinschaft, dann kommt diese Rede aus der jeweiligen philosophischen Grundeinsicht (Thomas, Kant, Wittgenstein, ...). Vor und nach Karl Rahner (ein Theologe) redeten Theologen anders über GOTT. Im theologischen Reden über GOTT lebt aber auch die Auseinandersetzung verschiedener Schulen, die es gerade jetzt nötig macht, so über GOTT zu reden.

Wenn das kirchliche Lehramt über GOTT redet, dann lebt in dieser Rede missionarischer Eifer, aber auch die Sorge um den Erhalt geistlicher Macht, auch die Möglichkeit, den Anderen anzunehmen oder auszuschließen. Schauen Sie einmal, wie viele kirchliche Lehraussagen mit der Floskel enden: „der sei ausgeschlossen“.

Wenn ich über GOTT rede, dann ziehe ich gerne auch Grenzen zu anderen Menschen und ihren anderen Erfahrungen. GOTT kann auch für mich ein religiöser Parteibegriff sein.

Folgerungen: Fragen wir nicht nur nach dem Inhalt der Lehre, sondern auch nach allem, was dabei mitklingt, fragen wir nach dem Boden, aus dem diese Lehre gewachsen ist. Werden wir neugierig auf die Anderen, andere Menschen, andere Meinungen, andere Gemeinschaften.
Hören wir nicht nur Lehren sondern Geschichten.
Lernen wir die Geister zu unterscheiden, aber gewöhnen wir es uns ab, allzu schnell zu verurteilen. Das Beispiel Jesu sollte uns zeigen, wie viel Andersheit wir aushalten können. Weder die Syrophönizierin noch der Hauptmann von Kafarnaum waren Juden, und doch hat Jesus von ihnen gelernt.
Die Folgerungen aus diesen Gedanken für Dogmatik, Kirchenrecht und kirchliche Verfassung zu ziehen, überlasse ich gerne Ihnen.