Der Wind weht wo er will

Ich erlebe keine Entscheidungsprozesse in der Kirche und kann sie deshalb auch nicht beurteilen. Was ich erlebe, sind Entscheidungen. So hat die Kirche zum Beispiel in ihrem Apostolischen Schreiben Ordinatio Sacerdotalis vom 22.05.1994 "Über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe" entschieden, "dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben." Das Motiv für den Vorbehalt sah und sieht die Kirche darin, dass Christus ein Mann war. Denn "die konstante Lehre der Kirche ... bekennt," dass "der Priester ...," wenn er in der Eucharistiefeier die Worte der Wandlung spricht, "in persona Christi" handelt, "indem er die Stelle Christi einnimmt und sogar sein Abbild wird, ...". Würde eine Frau die Wandlungsworte sprechen, würden die Gläubigen in der Priesterin nur schwerlich das Abbild Christi erblicken und die Wandlung deshalb nicht mehr verstehen. Über den Prozess, der zu dieser Entscheidung führte, weiß ich nichts. Ob der Wind (Pneuma), der Heilige Geist, an dieser Entscheidung beteiligt war, glaube ich nicht. Denn sollte er beteiligt gewesen sein, dann hieße das, dass Christus, der Allmächtige Gott, männlich ist, weshalb dann das Männliche Gott sein muss. Sollte der Heilige Geist tatsächlich die Hälfte der Menschheit vergessen haben?

Die Prozesse über die Entscheidungen in der Kirche ließen sich vielleicht verbessern, wenn sich die kirchlichen Entscheider den Fragen der interessierten Öffentlichkeit stellen müssten, zum Beispiel im Rahmen einer Deutschen Bistümerpressekonferenz oder einer Pressekonferenz der Kongregation für die Glaubenslehre.

Es ist leicht, sich bei Entscheidungen auf das Mitwirken des Heiligen Geistes zu berufen. Der Hauch des Heiligen Geistes ist das subjektive Erleben einer sinnlich nicht fassbaren und rational nicht erklärbaren transzendenten Wirklichkeit. Was soll die Kirche also tun, wenn der Heilige Geist ihren Protagonisten eingehaucht hat, dass sie keine Vollmacht hat, Frauen die Priesterinnenweihe zu spenden. Mit Hilfe des Heiligen Geistes suspendiert sich die Kirche selbst von der Pflicht, ihre Entscheidungsprozesse nachprüfbar zu gestalten. Nicht immer. Aber manchmal.

Kriterien für geistliche Entscheidungen sind zum Beispiel die Erfahrung von Gottes Nähe und seiner Abwesenheit oder der Lebensweg der Nachfolge oder das rationale Bemühen um die Annäherung an das Geheimnis Gottes.