Gemeinsam auf Gott blicken - oder doch lieber Recht haben wollen?
Der zentrale Begriff in Jesu Botschaft ist die "Basileia": das Königtum, die Herrschaft Gottes, auch genannt "Reich Gottes". Die Blickrichtung hin zu Gott definiert und bestimmt die Glaubensgemeinschaft der Jesus Nachfolgenden, aus der die Kirchen hervorgegangen sind. Die römisch-katholische Kirche hat ihre Gestalt in einem langen und komplizierten historischen Prozess gewonnen - die Kirchen des Ostens wie auch die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen haben eine jeweils andere Gestalt entwickelt. Der Blick auf die Gottesherrschaft relativiert unmittelbar und grundsätzlich jeden Alleinvertretungs- oder Absolutheitsanspruch einer Kirche. In der je eigenen Tradition wird die Nähe Gottes gesucht und auch gefunden. Dabei kann es nicht um ein "besser" oder "schlechter" gehen - die Wege sind schlicht unterschiedlich, auch wenn das subjektiv und aus menschlich verständlichen Gründen anders empfunden wird. Es geht also darum, sowohl die jeweils persönlichen Glaubens- und Lebenswege gegenseitig kennenzulernen, als auch die Lehren der verschiedenen Kirchen. Der römisch-katholischen Kirche kommt als weltgrößte Kirche dabei eine besondere Verantwortung zu. Sie muss demütig und zurückhaltend auftreten. Zentraler Punkt ist dabei die Mahlgemeinschaft. Es kann nicht sein, dass die vollständige Annahme des gesamten Lehrgebäudes der römischen Kirche Voraussetzung dafür ist, zum Mahl eingeladen zu sein. Das wird zu Recht als Rechthaberei empfunden. Statt dessen muss gelten: Der glaubende Mitvollzug des Satzes: "Wenn Du mit Deinem Munde bekennst: "Jesus ist der Herr!" und Du in Deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat" (nach Röm. 10) muss als Voraussetzung für die gegenseitige Einladung zum Abendmahl genügen. Das wäre ein deutliches Zeichen an die Welt und sehr hilfreich für den Auftrag, gemeinsam im Blick auf Gott Zeugnis für den christlichen Glauben abzulegen. Die römisch-katholische Identität nimmt dadurch keinen Schaden - rückt doch die sakramental vermittelte Gottesnähe ins Zentrum, etwas, was katholischen Christen sehr wichtig ist. Alleiniger Maßstab der Kirchenlehre muss sein, im Sinne der Botschaft Jesu die Nähe Gottes in dieser Welt sichtbar zu machen, gemeinsam mit allen Menschen, in denen der Geist Gottes lebendig ist.