Geschieden – Wiederverheiratet – ein langer Heilungsprozess

Nachstehender Text wurde von Betroffenen aus dem Treffpunkt für Alleinerziehende in Lindlar zusammengestellt und per Post zugesendet - die Fortsetzung finden Sie in den Kommentaren.

Menschen können nicht über Menschen und deren Handlungen verfügen. Wenn ein Ehepartner sich nicht an sein Versprechen hält, ist der andere machtlos. Es werden Entscheidungen von sehr jungen Menschen getroffen, die sich trotz gutem Willen in Härtefällen nicht als haltbar erwiesen haben. Menschen sind nicht unfehlbar angelegt.
Schwer zu verstehen ist, dass die Institution Kirche Menschen ungesehen vom Sakramentenempfang pauschal ausgrenzt, total in Unkenntnis der Beweggründe, die Geschiedene / Wiederverheiratete zu ihrem Entschluss haben kommen lassen.
Kein weltliches Gericht verurteilt oder schließt Menschen von etwas aus, ohne die Motive, die zur „Tat“ führten, eingehend zu überprüfen. Jedoch die Kirche, die Heimat für alle sein soll, hört nicht auf, diese Gruppe von Menschen mit ihren zerbrochenen Lebensplänen vom grünen Tisch „in einen Topf zu werfen“.
Uns stellt sich die dringende Frage, warum man in der Kirche besser mit Mördern, Terroristen und Kinderschändern umgeht. Eine Autorität, die nicht im Dialog mit Betroffenen steht, vollstreckt pauschale Urteile.
Bedauerlich ist, dass hier ausgerechnet die Menschen empfindlich getroffen werden, denen „Kirche“ bisher trotz des schwierigen Schicksals, vieler Enttäuschungen und der nicht leichten Lebenssituation noch etwas bedeutet. Es sind nicht mehr sehr viele.
In den meisten Fällen ist es für einen Heilungsprozess der Betroffenen lebenswichtig, in einer neuen Ehe wieder gute Erfahrungen zu machen. Sie müssen dann allerdings verarbeiten, in einem ständigen Widerspruch zur Lehre der Kirche zu leben.
Selbst die Kinder aus zerbrochenen Ehen, die viele Probleme miterleben mussten, haben ein Recht auf ein gutes Familienleben und gute Elternbeziehungen, die in einer 2. Familie durchaus gegeben sind. Dieser Heilungsprozess ist für ihr späteres Leben nur sehr schwer zu entbehren.
Wir fragen uns, wie sich die kirchenrechtliche Entscheidung, vom Sakramentenempfang Abstand zu nehmen, auf unsere Kinder auswirkt, wenn ihre Eltern ab dem Tag der Wiederverheiratung demonstrieren müssen, in welch „sündhaftem“ Verhältnis sie denn nun leben? Diese Auswirkungen machen es fast unmöglich, unseren Kindern ein positives Bild von Kirche zu vermitteln.

Kommentare

Hier sei unbedingt erwähnt, dass mancher Gesch./Wiederverh. eine große Verantwortung für den neuen Partner und seine komplizierte Vorgeschichte übernimmt, der in vielen Fällen ein „Ja“ zu dessen Kindern sagt und vielleicht erleben muss, dass seine eigenen Kinder beim anderen Elternteil aufwachsen müssen. Menschen in dieser Situation bedürfen oft mehr der Kraft des Sakramentes, als die, die vielleicht weniger durch persönlichen Einsatz als durch Glück ein Familienleben führen, das dem Kirchenrecht nach außen hin entspricht.
Unseres Wissens ist nirgendwo in der Bibel bewiesen, dass Christus die absolute Unauflöslichkeit der Ehe „bis hin zur Nervenklinik“ überhaupt gemeint hat. Es sind keine Einzelfälle, dass Ehepartner bis zur Grenze der Belastbarkeit über Jahre ausgehalten haben, um ihre Ehe zu retten.
Wir möchten nicht falsch verstanden werden:
Auch wir sind der Meinung, dass die Kirche richtig handelt, in dem sie Ehe und Familie unter einen besonderen Schutz stellt. Sicherlich ist es eine große Erfüllung, wenn nicht die größte, ein langes Leben mit einem Partner zu erleben.
Wir sind uns auch bewusst, dass die Lösung nicht einfach ist.

Es muss aber doch möglich sein, für Menschen, denen an Kirche liegt, eine würdige Lösung zu finden, wie sie mit ihren Familien ihr religiöses Leben befriedigend gestalten können.
Sicherlich ist das keine leichte Entscheidung. Sollte die Kirche jedoch nicht in der Lage sein, hierfür eine seelsorgliche Lösung anzubieten, muss sie respektieren, dass die Betroffenen sich nach ihrer Gewissensentscheidung eigene Wege suchen.
Sie hat dann aber auch nicht das Recht, Gesch./Wiederverh. in Gewissenskonflikte hineinzumanövrieren, denn auch wir fühlen uns mit unseren Familien in Gottes Hand, selbst wenn das Kirchenrecht dies nicht vorsieht.
Wir hoffen nach wie vor auf gute Seelsorger, die sich nicht entmutigen lassen, mit Betroffenen nach Lösungen zu suchen und wir sind sicher, das der größte Teil der praktizierenden Katholiken an ihrer Seite ist.
Treffpunkt für Alleinerziehende Lindlar

"... dass die Institution Kirche Menschen ungesehen vom Sakramentenempfang pauschal ausgrenzt, total in Unkenntnis der Beweggründe, die Geschiedene / Wiederverheiratete zu ihrem Entschluss haben kommen lassen."
Dieser Aussage kann ich voll und ganz zustimmen.
Dazu eine Anekdote aus einer Sitzung des Diözesanrates, ich glaube, es war die letzte Präsenzveranstaltung vor der Corona-Epidemie.
Auf dieser Sitzung wusste EB Woelki sehr dezidiert legalistisch darzulegen, warum wiederverheiratet Geschiedene nicht zur Kommunion zuzulassen sind.
In seiner Darlegung spielte die Gewissensentscheidung des einzelnen, die im Grunde die höchste Instanz ist, keine Rolle.
In seiner Stellungnahme, warum er seinen ehemaligen Intimus, Priester O., der des Missbrauchs bezichtigt wurde, nicht nach Rom gemeldet hat, wie es das römische Reglement vorsieht, rekurrierte er ausschließlich auf seine höchsteigene Gewissensentscheidung. Die rechtlichen Vorgaben aus Rom spielten in dem Zusammenhang keine Rolle.
Soviel nur zur Handhabung des kirchlichen Rechts einiger Kirchenvertreter.

Ja, ein gerüttelt Maß an eigenwilliger Interpretation vom EB.
Zynisch? Scheinheilig? Sollen für Kardinäle andere Regeln gelten, so wie in der Welt?
Und das Magnificat?! "...er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen"