Mit welchen Augen schauen wir?
Das Gefühl der ohnmächtigen Wut bekommt bei mir immer mehr Oberhand. Alle Versuche, sich Gehör zu verschaffen, verhallen im Nichts. Es gibt keinen offenen und ehrlichen Dialog, weil die Machtstrukturen in der katholischen Kirche dies nicht ermöglichen. Es gibt auch keinen respektvollen Umgang zwischen Laien und Hauptamtlichen. Stattdessen kommen immer mehr überangepasste Kleriker zu uns, die den offenen Meinungsaustausch scheuen, und hinter unserem Rücken, das machen, was ihnen selber opportun erscheint. Dafür bezahlen wir auch noch Geld! Wieso kommt der Erzbischof ohne jede Begründung wieder in den Dienst, obwohl er es selber nicht mehr möchte und er 10 Jahre lang Zeit hatte, den Missbrauch ehrlich zu bekämpfen statt das Ansehen der eigenen Truppe vermeintlich mit teuren Rechtsgutachten zu retten. Was für eine Ohrfeige für uns alle! Der Umgang mit Konflikten besteht in der Regel darin, dass die Seelsorger auf Tauchstation gehen und hoffen, dass die Zeit schon alle Wunden heilen wird. Dem Bischof darf man ja auch keine Widerworte geben. Frauen gegenüber sind die Kirchenvertreter nach außen hin manchmal offen, aber hinter den Türen bewegt sich eine unerträgliche Arroganz. Wir haben einen Katechismus, der unglaubliche Dinge vorschreibt.
Was muss passieren? Was hat uns Jesus aufgetragen? Respekt, Respekt, echtes Zuhören, eine dienende Haltung der Seelsorger und nicht eine besserwisserische, Konflikte bearbeiten und nicht unter den Teppich kehren, Kompromissbereitschaft. Wir sollten uns auf solche Regeln beschränken, die den Gläubigen Halt und Orientierung bieten, aber nicht bevormunden und klein machen. Ehrlicher Umgang mit Fehlern, dann kann man auch verzeihen.
Die gesamte Ausbildung muss auf den Prüfstand. Weder in Kommunikation noch in Konfliktbewältigung noch im Umgang mit schräger Sexualität wird den Priestern vernünftiges Handwerkszeug an die Hand gegeben. Nicht Weggucken sondern Hingucken hat Jesus uns beigebracht. Selbst den Prostituierten hat er ihre Würde wiedergegeben. Und wir sollen Geschiedenen keine Kommunion reichen? Gleichgeschlechtlichen keinen Segen? Wieviel Menschen wollen wir noch verschrecken, die auf der Suche nach einer offenen Glaubensgemeinschaft sind, die ihnen in ihren Nöten und Sorgen zur Seite steht?
Wenn wir alle uns wirklich bemühen, mit den Augen Jesu zu schauen, hätten wir viel gewonnen.