Was verhindert den gemeinsamen Weg?
Der derzeit herrschende Geist der Tradition und des Klerikalismus. Das Urchristentum war erfolgreich, weil es sich der Lebenswelt der damaligen Menschen öffnete, Antworten auf aktuelle Fragen gab und auf die Bedürfnisse der Menschen einging. Antworten, die vor hunderten oder gar tausend Jahren halfen, taugen nicht für das 21. Jahrhundert. Für viele ist die Kirche von heute nur noch Spender von Sakramenten, die sie nicht mehr verstehen. Ihre Glaubenslehre steht im Widerspruch zur Wissenschaft, wird aber kompromisslos verteidigt, indem vordenkenden Theologen die Lehrbefugnis entzogen wird. Eine Tradition, die nicht mehr zum Wohl der Menschen dient, sondern nur noch zum Machterhalt ihrer Träger, kann nicht heilig sein.
Das offizielle Gutachten des Kölner Erzbistums zum Missbrauchskandal (Kanzlei Gercke Wollschläger) stellt fest: die absolute Bischofsmacht verhindert, dass untergeordnete Verantwortungsträger Verantwortung übernehmen; das jetzige System schürt Angst; christliche Werte werden zugunsten eines Karrierestrebens geopfert; Fehler eines Bischofs können gravierende Folgen haben. Das Gutachten zeigt, dass Bischöfe fehlbar sind (sich irren, lügen, Leid verursachen und ignorieren können); dass die Tradition ein überhöhtes Priesterbild propagiert, in Wirklichkeit Priester aber normale Menschen sind; dass eine rigide Sexualmoral alle Verstöße gegen das 6. Gebot in einen Topf wirft und bei Priestern weniger streng als bei Laien angewendet wurde; dass dem Schicksal der Betroffenen wenig Beachtung geschenkt wurde. Es könnten die Lehren daraus gezogen werden.