In welchen Bereichen sehen Sie bei der Kirche den größten Lern- und Veränderungsbedarf?
- Abbau der Ämterhierarchie: im Neuen Testament lässt sich eine monarchische Bischofsherrschaft und eine Hierarchie von Weiherängen nicht finden, meist leitete ein in der antiken Gesellschaft üblicher Ältestenrat die Gemeinde, zwischen „Presbyter“, „Bischöfen“ und „Diakonen“ ist kein Rangunterschied feststellbar [https://de.wikipedia.org/wiki/Episkopos_(Neues_Testament)]
- Gleichberechtigung der Frauen, kein Zwang zum Zölibat: die orthodoxe Kirche folgt hier der Schrift und erlaubt Priestern die Heirat vor der Priesterweihe, wie sie auch Frauen zur Diakonweihe zulässt (1 Tim 3, 1-13. Röm 16, 7 Apostel Junia(s) war vermutlich eine Frau – F. Fabrega, War Junia(s)... eine Frau? In: JAC 27/28, 47-64),
- Die Sexualmoral den wissenschaftlichen Erkenntnissen anpassen:
der menschliche Körper ist prinzipiell bisexuell angelegt, über die
tatsächliche Geschlechtsausprägung entscheiden Hormone in einer
bestimmten Entwicklungsphase, die Ausprägung kann uneindeutig
ausfallen [https://www.spektrum.de/magazin/geschlechtsauspraegung-bei-
wirbeltieren/821419];
Homosexualität ist im Tierreich weit verbreitet [https://de.wikipedia.org
/wiki/Homosexuelles_Verhalten_bei_Tieren];
Unter bestimmten sozio-ökologischen Bedingungen kommt es auch im
Tierreich zum Schwangerschaftsabbruch [https://www.wissenschaft.de
/erde-umwelt/schwangerschaftsabbruch-bei-neuem-maennchen/ ;
https://de.wikipedia.org/wiki/Bruce-Effekt];
Die geschlechtliche Vereinigung dient bereits bei sozialen Tierarten in
erster Linie der Paarbindung und des Gruppenfriedens und nicht der
Vermehrung [https://vet-magazin.de/wissenschaft/wildtierkunde
/Gleichgeschlechtliches-Sexualverhalten-bei-Bonobo-Weibchen.html]).
- Die Dogmenfixierung muss einem echten Dialog mit den Wissenschaften weichen. Die Historiker erklären, wann und warum ein Dogma entstand. Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse verbieten ein allzu wörtliches Verständnis der Bibeltexte. Die Psychologen und Religionswissenschaftler vermitteln ein symbolisches Verständnis. Nur ein Austausch von Argumenten führt zur Wahrheit. Sie kann nicht „ex cathedra“ festgesetzt werden.