Vertrauen zählt
Als Einzelne und als Gemeinschaft brauchen wir Vertrauen, frei aussprechen zu können, was uns am Herzen liegt.
Frei und offen zu reden und auch kritische Stimme zuzulassen erfordert zum einen die Bereitschaft und innere Stärke, seine Meinung in der Öffentlichkeit zu sagen und dadurch sich nicht nur zu positionieren, sondern auch angreifbar zu machen.
Zum anderen setzt es die Bereitschaft und die Ich-Stärke voraus, sich und sein Tun auch kritisch beurteilen, evtl. auch in Frage stellen und korrigieren zu lassen.
Offen und ehrlich ist ein Dialog in der Kirche dort, wo ChristInnen es als ihre Aufgabe verstehen und als gutes Recht erfahren, kritisch und öffentlich für die Kirche Verantwortung zu übernehmen und dabei auch Hauptamtliche und Würdenträger und ihre Praxis zu hinterfragen (statt in Ehrfurcht vor den „Heiligen Männern“ und ExpertInnen zu erstarren oder Kritik als Infragestellung und Ungehorsam gegenüber der „Mutter“ Kirche zu empfinden und per se abzulehnen) und wo die, die Leitungsfunktionen in der Kirche haben, sich selbst und ihr Tun und Reden nicht als heilig und sakrosankt verstehen, sondern sich geschwisterlich als ein Glied in der Gemeinde und Gemeinschaft der Gläubigen verhalten und dialogisch und auf Augenhöhe einander begegnen und arbeiten. Solcher Dialog kann nur in einer angstfreien Atmosphäre geschehen.
Dialog muss gewollt und eingeübt werden. Dazu braucht es neben der Erziehung zu einer Dialog – und Streitkultur im Geiste Jesu Christi und dem Mut offen zu sprechen und zu widersprechen und den Widerspruch auszuhalten und der Einstellung aller, dass auch in der Kirche und für die Kirche die Vielfalt der Meinungen und Lebenserfahrungen keine Bedrohung, sondern eine notwendige Bereicherung ist. Viel zu oft findet man in der Kirche bei Konflikten ein Rückzugsverhalten.
Wo Kritik an der ‚heiligen, unantastbaren Mutter Kirche‘ als Ungehorsam gegenüber der Treue zur Kirche verstanden wird, kann keine Streitkultur entwickelt werden, die eine aktive und kreative Auseinandersetzung aller Gläubigen um den jeweils richtigen und sinnvollen und praktikablen Weg ermöglicht. Ebenso wenig entsteht eine Streitkultur, wo Fehler machen als Versagen empfunden wird oder als etwas Schlechter beurteilt und behandelt wird oder als etwas angesehen wird, das per se dem Image der Institution Kirche schaden könnte und deshalb nicht sein darf (Motto: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“)