Wir interessieren uns oft nicht wirklich füreinander

Ich erlebe aufmerksames und vorbehaltloses Zuhören immer dann, wenn ich mich traue, mit einem klaren Anliegen, einer drängenden Frage oder einem drückenden Kümmernis auf eine Person zuzugehen, und diese zu bitten, mir zuzuhören. Und wenn das nicht "zwischen Tür und Angel" geschieht. Ich durfte unsere SeelsorgerInnen bisher mehrheitlich als gute Zuhörer wahrnehmen. Übrigens auch die MitarbeiterInnen des Erzbistums, die ich kennenlernen durfte. Und auch unseren Erzbischof, dem ich begegnen durfte, als er mal eine Visitation bei uns gemacht hat - da war er noch Weihbischof.
Ich denke, dass zum guten Zuhören drei Dinge gehören: Erstens ein Zuhörer, der seine eigenen Probleme für diese Zeit in den Hintergrund treten lassen und sich der Botschaft des Gegenübers öffnen kann, zweitens eine Person, die wirklich eine Botschaft hat, und drittens ein gegenseitiges Interesse aneinander und ein Aneinander-wachsen-wollen.
Es gibt wohl oft Situationen, da brauchen Menschen gar keine aufmerksamen Zuhörer sondern nur offene Mülleimer, in die sie ihre ganzen Probleme einfach mal reinwerfen können. Oder Leute, denen sie mal so richtig die Meinung geigen können. Oder sie hören sich selber gern zu, aber schöner ist es, wenn jemand dabei ist. Das kann man natürlich auch machen, das ist dann aber etwas ganz anderes. Oder es gibt einen Zuhörer, der nur im Sinn hat, eine andere Person auszufragen, weil er neugierig ist. Oder damit er sie hernach besser über den Tisch ziehen kann. Das ist wieder etwas anderes.

Ich glaube, dass bei uns den Kindern und Jugendlichen nicht gut zugehört wird, die haben nämlich oft ganz brennende Anliegen, und wissen gleichzeitig vielleicht nicht so recht, wie sie die formulieren sollen. Außerdem wird den leisen Leuten oft nicht zugehört, weil die lauten Leute dauernd was sagen. Und ich glaube, dass das in erster Linie damit zu tun hat, dass wir uns oft nicht wirklich füreinander interessieren.